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  • Schlagabtausch zur 13. AHV- und zur Renteninitiative
    (Furttaler 09. Februar 2024 Nr. 06 - 3 - Martina Kleinsorg)

    Jasmin Pokerschnig (Kantonsrätin Grüne Kt. Zürich) und Matthias Müller (Präsident Jungfreisinnige Schweiz) präsentierten in Otelfingen die Initiativen zur Altersvorsorge und stellten sich der Diskussion und Publikumsfragen.
     
  • OTELFINGEN
    «Wir werden alle einmal älter und kommen ins AHV-Alter», erklärte Michael Indlekofer, Präsident derFDPOtelfingen/Boppelsen,dieRelevanz der beiden nationalen Vorlagen zur Altersvorsorge, welche am 3. März zur Abstimmung stehen. Die Ortspartei hatte zu einem Publikumsanlass im Golfpark geladen, mehr als 40 Interessierte fanden sich dazu am letzten Mittwochabend ein. Jasmin Pokerschnig, welche für die Grünen im Kantonsrat sitzt, präsentierte die vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund eingereichte Initiative «Für ein besseres Leben im Alter», die den Anspruch auf eine 13. AHV-Rente für alle Rentner und Rentnerinnen verlangt. Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz, referierte über die von seiner Partei eingereichte Renteninitiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge», welchedieschrittweiseAnhebungdesRentenalters vorsieht. 

     

  • «Damit die Rente zum Leben reicht»
    Ein wichtiger Grund für die 13. AHVRente sei der Verfassungsauftrag: Als Fundament der schweizerischen Altersvorsorge soll die AHV-Rente existenzsichernd sein. «Das ist eine Durchschnittsrente von 1800 Franken nicht», zeigte sich Jasmin Pokerschnig überzeugt. «Darum gibt es Ergänzungsleistungen,diemanbeantragenkann,wenn man sie braucht.» Die Situation habe an «Virulenz» zugenommen, angesichts sinkender Umwandlungssätze der Pensionskassen (PK). Koste doch bereits die Teuerung von Mieten, Krankenkassenprämien, Strom und Lebensmittel eine Monatsrente. Frauen, die etwa aufgrund von Kindererziehung oder PflegevonFamilienangehörigenoftnur in Teilzeit arbeiten, hätten erhebliche Rentenlücken zu beklagen. Diese könntendurcheine13.RentederAHV, dieimGegensatzzurPKunbezahlteBetreuungsarbeit anerkennt, etwas besser aufgefüllt werden. Auchwennalleeine13.AHV-Renteerhalten sollen, lässt sie den Vorwurf der «Giesskanne» als Gegenargument nicht gelten: «Es ist gut, da 90 Prozent der Bevölkerung mehr herausbekommen als sie einzahlen», bei den Grossverdienern sei es umgekehrt. «Ich unterstütze diese Umverteilung von Reich zu Arm wie auch zum Mittelstand.» Der AHV gehe es gut, sie habe so viel Vermögen wie noch nie, war der letzten Folie ihrer Präsentation zu entnehmen. «Über die Finanzierung der 13. AHV-Rente werden wir sicher noch diskutieren», schloss Jasmin Pokerschnig ihren Vortrag.

  • «Dramatisch rote Zahlen»
    Die Finanzierung der AHV sei aufgrund zweier Reformen – der Mehrwertsteuererhöhung und Anhebung des Rentenalters der Frauen – mittelfristig bis 2029 gesichert, stellte Matthias Müller seinem Referat voran. «Danach schreibt das wichtigste Sozialwerk dramatisch rote Zahlen.» Der Grund dafür liege im demografischen Wandel: Aufgrund der höheren Lebenserwartung habe sich die Rentenbezugsdauer seit Einführung der AHV 1948 von durchschnittlich 12 auf heute 21 Jahre erhöht und werde 2050 bei 25 Jahren liegen. Zudem steige die Zahl der der Pensionierten schneller als jene der Erwerbstätigen, die in die AHV einzahlen. Bis 2050 drohe ein kumuliertes Defizit von 130 Mrd. Franken, das sich bei einer zusätzlichen 13. AHV-Rente auf 250 Mrd. erhöhe. Dem sei mit der Anhebung des Rentenalters gegenzusteuern, wie man es auch im Ausland beobachten könne. «Ein bitzeli länger schaffen», wie Müller es formulierte, bedeutet gemäss Renteninitiative, dass sich das Rentenalter für Männer und Frauen ab 2028 bis 2033 schrittweise auf 66 Jahre erhöht, dann an die durchschnittliche Lebenserwartung mit dem Faktor 0.8 gekoppeltwirdundsichinSchrittenvon maximal zwei Monaten pro Jahr erhöht. «Sollte die Lebenserwartung entgegen aller Prognosen zurückgehen, sinkt auch das Rentenalter», verspricht Müller. Die Renteninitiative schaffe es mittelfristig bis 2050 zwar nicht, den Schuldenberg auf Null herabzubringen, dafür seien begleitende Massnahmen nötig, doch zumindest auf 60 Mrd. Franken zu halbieren. 

  • Angeregte Fragerunde
    Florian Fingerhuth, Vizepräsident der FDP Otelfingen/Boppelsen, führte als Moderator durch die Podiumsdiskussion. Ob er dem Büezer seinen Ruhestand nicht gönne, war seine erste Frage an Matthias Müller. Wer körperlich schwere Arbeit leiste, solle früher gehen können, Frühpensionierung sei daher auch bei der Umsetzung der Renteninitiative eine Option, stellte dieser klar. Ob es nicht kompliziert sei auszurechnen, wann man das persönliche Rentenalter erreiche, wusste der 31jährige Jungfreisinnige klar zu verneinen: Um Vorhersehbarkeit und Transparenz zu gewährleisten, solle es fünf Jahre vorher Bescheid geben. Auch Christoph Blocher bekäme eine 13. AHV-Rente, ob das wirklich nötig sei? Das störe sie nicht, liess Jasmin Pokerschnig wissen, «er kann das Geld ja spenden». Was passiere, wenn die 13. AHV-Rente angenommen werde und sich die Bundesversammlung nicht auf eine Finanzierung einigen könne: «Muss das Rentenalter nicht doch angehoben werden?» Sie sei sicher, dass die Parlamentarier von links bis rechts eine Einigung finden werden. Alternative Finanzierungsmöglichkeiten sah Pokerschnig in der Transaktionssteuer odereinerErbschaftssteuerabeinerbestimmten Summe. Auch das Thema Ergänzungsleitungen geriet noch einmal in den Fokus der Diskussion. «Es ist nicht würdevoll sie zu beziehen, viele tun es nicht aus Scham», wandte die 62-jährige Grünen-Politikerin ein. «Bisher war das AHV-Ergebnis doch immer besser als gedacht, ist die Renten-Initiative nicht Angstmacherei?», munkelte Fingerhuth. Er versuche bei den Fakten zu bleiben, der Bund sei da sehr transparent, alle Dokumente im Internet abrufbar, wehrte sich Müller gegen den Vorwurf falscher Prognosen. «Prognosen bleiben Prognosen», hielt Pokerschnig dagegen, man wisse nicht, was bis 2050 alles passiert. Recht gebe sie Müller, dass Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider etwas zur Finanzierung der AHV ab 2030 vorlegenmüsse.«EswirdetwasSchlauesvorliegen», zeigte sie sich überzeugt. Die folgende Fragerunde wurde vom Publikum rege genutzt. Problematisch am steigenden Rentenalter sei auch, dass ältere Arbeitnehmer nach einer KündigungkaummehreinenneuenJob finden, ob seitens der Wirtschaft ein Umdenken zu spüren sei, wollte ein Zuhörer wissen. Ein anderer sah die Möglichkeit, den Bundeshaushalt darauf zu durchforsten, ob sich nicht Geld einsparen und in die Sozialwerke umleiten liesse. Der anschliessend offerierte Apéro bot die Möglichkeit zum geselligen Austausch

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